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Amazonas

Unterwegs im Amazonas

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Nachdem wir das Pantanal verlassen haben, sind wir in den bolivianischen Amazonas vorgedrungen und haben dort den Regenwald, die indigene Lebensweise und noch viel mehr erkundet.

Sind wir denn schon im Amazonas?

Eigentlich hatten wir gar nicht so recht auf dem Schirm, dass die größte Stadt Boliviens, Santa Cruz de la Sierra, bereits im Amazonas-Einzugsgebiet liegt. Aber ja, hier etwa verläuft die Grenze zwischen dem eher trockenen Gran Chaco und der feuchten Amazonasregion. So kommt es auch, dass hier Pflanzen und Tiere beider Regionen aufeinander treffen.

Auf unserem Weg nach Santa Cruz haben wir immer mal wieder die Aufmerksamkeit der Bevölkerung erregt, wenn wir in den kleinen Dörfern übernachteten oder einkaufen waren. So wie hier, wo uns die örtliche Nachwuchs-Musikgruppe begrüßte und über unsere Reise ausgiebig ausgefragt hatte.

Santa Cruz de la Sierra – kurzer Stopp lange hinausgezögert

Nachdem wir das Pantanal verlassen haben, wollten wir eigentlich nur einen kurzen Zwischenstopp in Santa Cruz machen. Aber der Platz hinter dem Landhaus El Fuerte war einfach so toll, dass wir uns irgendwie nicht losreißen konnten. Das Essen im Restaurant war der reinste Gaumenschmaus und der tropische Garten Balsam für die Seele. Die Betreiber super herzlich und hilfsbereit. Der Besitzer des Restaurants hat über dreißig Jahre in Deutschland gelebt, was für viele gute Gespräche sorgte. Und hier konnten wir vom ansässigen Hausmeister auch noch eine Rohrschelle bauen lassen, die es auf den Pisten im Pantanal durchgerüttelt hatte.

Dazu kommt, dass jeden Tag süße Äffchen vorbei kamen, die uns guten Tag sagten – und manchmal auch unsere Bananen klauten. Man kann es ihnen aber nicht verdenken, denn zu dieser Zeit ist die Nahrung für die Kleinen Baumbewohner einfach knapp. Auch ein Faultier hing quasi direkt neben unserem Ben im Baum und chillte dort den ganzen Tag. Warum also sollten wir dann gleich wieder weiter ziehen?

Touristenmagnet Rurrenabaque

Von Santa Cruz aus ging es für uns einmal quer durch die Feuchtgebiete, die sogenannten Pampas bis nach Rurrenabaque. Die hübsche kleine Stadt am Río Beni ist in den letzten Jahren durch den Tourismus bekannt geworden und hier wollen wir auch eine größere Tour in den Amazonas-Regenwald unternehmen, denn in Rurrenabaque haben sich viele nachhaltige Tourismusprojekte etabliert und der berühmte Madidi Nationalpark grenzt quasi direkt an diese Stadt. Trotz des Tourismus hat sich die Stadt ihren bolivianischen Kleinstadtcharme bewahrt und allein das durchstreifen der Stadt macht einfach Spaß.

Wir haben uns schon im Vorfeld im Internet schlau gemacht, mit welchem Tourenanbieter wir losziehen wollen. Trotzdem klapperten wir persönlich noch ein paar Anbieter ab, um uns ein Bild zu machen.

Entschieden haben wir uns letztendlich für Mashaquipe. Deren Guides sind alle indigenen Ursprungs aus den umliegenden Communitys und der Erlös kommt eben diesen indigenen Bevölkerungsgruppen zu Gute. Außerdem haben sie sich für Nachhaltigkeit ausgesprochen und werden von vielen Reisenden empfohlen.

Vier Tage im Madidi Nationalpark

Der Madidi Nationalpark liegt im Amazonas-Einzugsgebiet und ist durch seine Ausdehnung vom Tiefland bis in die Anden-Hochebenen einer der Orte mit der höchsten Biodiversität der Welt. Hier werden sogar heute noch immer wieder neue Tier- und Pflanzenarten entdeckt.

Viele seltene Tiere, wie der Harpye-Adler, der Riesenotter oder der Rosa Flussdelfin leben hier. Aber der Park bietet auch eine geschützte Umgebung für viele indigene Gemeinschaften, die hier ihre traditionelle Lebensweise pflegen.

Der Touroperator von Mashaquipe versprach uns beim Gespräch, er besorge uns den besten Guide überhaupt, später sollten wir erfahren, dass er damit nicht gelogen hatte. Unseren Ben dürften wir direkt vor der Tür des Büros stehen lassen. Dann habe er und seine Familie ein Auge drauf.

Einblick in ein indigenes Dorf

Am Morgen begrüßte uns unser Guide, Alejandro, und dann stiegen wir auch schon zusammen ins Boot, um den Río Beni hinauf zu fahren. Der erste Stopp sollte hier das indigene Dorf Villa Alcira aus dem indigenen Stamm der Tacana sein.

Die Tacana sind eine indigene Ethnie und haben ihre eigene einzigartige Kultur, Sprache und Traditionen. Sie sind eng mit der Natur verbunden und leben primär von Landwirtschaft, Fischerei und Jagd. Sie haben eine reiche mündliche Überlieferung und praktizieren traditionelle Rituale und Bräuche.

Die Tacana-Gemeinschaften spielen auch eine wichtige Rolle im Schutz und Erhalt des Madidi Nationalparks und arbeiten deshalb eng mit Naturschutzorganisationen zusammen, um die einzigartige Biodiversität der Region zu bewahren. In Kombination mit nachhaltigem Tourismus funktioniert das für beide Seiten gut – der Tourist bekommt durch eine Führung in solch ein indigenes Dorf einen Einblick in deren Lebensweise und die Einheimischen verdienen ein wenig Geld für notwendige Dinge wie Medikamente, ohne ihre Lebensweise aufs Spiel zu setzen.

Was es heißt, mit der Natur zu leben

Alejandro erklärte uns auf dem Weg ins Dorf bereits, wie eng der Glaube der Bevölkerung mit der Natur verbunden ist und wie wichtig das Leben im Einklang mit der Natur ist. Das merkt man auch, wie unauffällig der “Garten” des Dorfes und auch das Dorf selbst in den Dschungel integriert ist. Hier haben wir auch gleich die ersten Nutzpflanzen wie Kakao, Sternfrucht, Zuckerrohr, Kokos, Yuca und viele andere kennengelernt. Hühner laufen im Dorf hin und her und Enten schwimmen auf der kleinen Wasserfläche neben den ersten Gebäuden. Es ist total schön anzusehen.

Zuckerrohr ist ein wichtiges Gut, welches zum Eigengebrauch und zum Verkauf in die umliegenden Orte verarbeitet wird. Wir durften hier an einer traditionellen Presse ausprobieren, wie es ist, aus dem Zuckerrohr Zuckersaft zu pressen. Dieser Saft wird aufgefangen und kann sofort getrunken werden oder eben weiterverarbeitet werden.

Wir besichtigen das Dorf, lernen, dass die indigenen Dörfer noch heute eine eigene Rechtsprechung ausüben und der Pranger, Cepo genannt, dort nicht nur zum Spaß steht. Aber auch die staatliche Schulpflicht ernst genommen wird und jedes einigermaßen große Dorf zumindest über eine Grundschule (8 Schuljahre in Bolivien) verfügt. Die ganz großen Communitys haben sogar eine weiterführende Schule, die mit dem 12. Schuljahr endet.

Welcome to the Jungle

Nachdem wir Villa Alcira wieder verlassen haben, ging es weiter den Fluss hinauf und auf einen Nebenfluss bis wir in unserer Dschungellodge, 25 km tief im Madidi Nationalpark, ankamen. Wider erwarten war diese Lodge nicht unbedingt das Jungelcamp, das wir erwarteten. Statt einer notdürftigen Unterkunft erwartete uns eine wunderschöne, komfortable Anlage, perfekt in den Dschungel integriert.

Nach einem wirklich leckerem Mittagessen ging es schon zur ersten Erkundungstour durch den Dschungel. Immer wieder blieb unser Guide stehen und zeigte uns verschiedene Pflanzen, die von der indigenen Bevölkerung als Medizin, Nahrung oder zum Überleben, wenn man im Dschungel unterwegs ist, genutzt wird. Auch die ersten Affen konnten wir dank Alejandros fantastischem Gehör entdecken.

Nach dem Abendessen ging es dann gleich zur zweiten Tour im Dunkeln, um die nachtaktiven Tiere zu sehen. Spinnen, Nachtaffen, Eulen – wir konnten vieles sehen und hören.

Wir dringen tiefer in den Dschungel ein

Eigentlich wollten wir zum Camp wandern, da sich aber Claudia ein wenig unwohl fühlte, wurde die Tour für uns fix umgeplant und wir durften ein großes Stück mit dem Boot dahin zurücklegen. Für Claudia gab es nun 3 Mal täglich Baumrinden-Tee, der ihren Magen-Darm-Beschwerden helfen sollte. Die Rinde des Baumes soll auch bei Grippe helfen und wurde während der Pandemie von den Indigenas gegen die Corona-Symptome getrunken.

Trotz der Bootsfahrt war es noch ein ganzes Stück zu gehen bis zur Camping-Unterkunft. Unterwegs kamen wir an einem Nistfelsen voller Grünflügel-Aras vorbei. Auch frische Jaguar-Spuren konnten wir im Sand sehen und unser Guide erklärte uns, dass dieser wohl auf der Jagd nach etwas war.

Im Camp angekommen, breiteten wir unsere Schlafsäcke aus. Zwar gab es hier keinen Strom, trotzdem war eine rudimentäre Infrastruktur vorhanden. Erhöhte Schlafmöglichkeiten auf einer Plattform, Toiletten und Duschen und eine kleine Küche, wo wieder ein Koch für uns bereit stand.

Ausgehend vom Camp machten wir wieder ein paar Erkundungsausflüge in den Dschungel, der hier wieder ganz anders aussah. Wieder sahen wir viele Affen, Vögel und andere Tiere und wieder lernten wir viele Pflanzen kennen, die man wunderbar als Medizin oder Baumaterialien nutzen kann. Auch von “Walking Palms” haben wir erstmals hier im Amazonas erfahren. Das sind Palmen, die viele wurzelartige “Stämmenden” haben. Ändern sich die Lichtverhältnisse (licht ist im Regenwald ein kostbares Gut), lassen sie neue “Füße” wachsen und die alten, unnötigen sterben ab. So können sich die Palmen über Jahre hinweg ein paar Meter von ihrem Standort entfernen. Interessant.

Wir bauen ein Floß

Nachdem wir eine Nacht im Camp verbracht hatten, wanderten wir am nächsten Nachmittag wieder zurück zum Fluss. Dort durften wir unter Anleitung ein traditionelles Floß bauen und mit diesem zurück zur Lodge fahren. Mit diesen Flößen wurden früher die Bananen und andere Erzeugnisse aus den Communitys nach Rurrenabaque gebracht. Für uns war das ein riesiges Spektakel und weil es so heiß und schwül war, war ein Sprung ins Wasser obligatorisch. Dass in dem Fluss auch die bis zu 6 Meter großen Kaimane unterwegs sind, ist nicht weiter schlimm. Diese stören sich nicht am Menschen und sind deshalb im Gegensatz zu Alligatoren oder Krokodilen ungefährlich.

Umzug in die Pampa

Nach drei Nächten und vier Tagen im Madidi Nationalpark, vielen Ausflügen in den Dickicht des Dschungels und eine unglaublichen Menge an Informationen ging es für uns zurück nach Rurrenabaque und dann weiter nach Santa Rosa und von dort wieder mit dem Boot bis zu unserer nächsten Lodge.

Bereits bei der Anreise mit dem Auto bis Santa Rosa konnten wir einige Faultiere, Wasserschweine und Vögel sehen. Und auf dem Boot zur Lodge wurden wir von süßen Totenkopfäffchen “überfallen”. Gerade als wir stoppten, um uns die Horde Äffchen anzusehen, kletterten sie schnurstracks aufs Boot und klauten ein paar unserer Bananen.

Die Lodge selbst war wunderschön direkt am Fluss gelegen.

Bootsfahrten, Rosa Delfine und Anaconda-Jagd

Von der Lodge aus starteten wir einige Bootsfahrten zu verschiedenen Uhrzeiten und konnten unter anderem neben verschiedenen Affen, unzähligen Schildkröten und Kaimanen auch Rosa Flussdelfine sehen. Die Delfine tauchten immer wieder irgendwo rund ums Boot auf und waren sofort wieder verschwunden.

Am zweiten Tag gingen wir dann auf die Suche nach Anacondas. Wir wateten einige Stunden durch eine sumpfige, morastige Wiesenlandschaft. In der Hitze stapften wir im Matsch und im Wasser herum, die Augen immer auf den Boden gerichtet, eine Hand fest am Stock, der uns half, auf dem durchweichten Boden Halt zu finden.

Diese Umgebung wird von der Anaconda bevorzugt, doch unsere Suche blieb leider erfolglos. Zu kalt, meinte Alejandro. Kaum vorstellbar, denn uns war es eher schon zu heiß. Trotzdem war es eine lustige Erfahrung, einmal durch diesen Sumpf zu waten.

Traditionelle Handwerkskunst

Zwischen unseren Ausflügen bastelten wir mit Alejandro traditionelle Angeln und Schmuck. Aus der Schale der kleinen Mango-Kokosnuss, deren oranges Fleisch nach Mango schmeckt und deren weißes Fleisch im Inneren nach Kokos schmeckt, kann man nämlich hübsche Ringe machen. Durch Schleifen und Polieren werden die anfangs braunen Schalen sehr dunkel und glatt.

Nachdem die Angeln fertig waren, gingen wir natürlich damit auch Piranhas angeln. Tim war hier am erfolgreichsten und bescherte uns eine leckere Piranha-Mahlzeit.

Eine unglaubliche Geschichte

Alejandro verbrachte jeden Tag mit uns und saß auch bei den Mahlzeiten an unserem Tisch. Hier fanden wir auch die Zeit, uns über viele Dinge abseits der Dschungeltouren zu unterhalten.

Unser Guide ist wirklich eine absolut unglaubliche Person, der viel zu erzählen hat. In einer der ältesten Communitys Boliviens aufgewachsen war es sein größter Wunsch, Englisch zu lernen, um Tourguide zu werden und Touristen durch den Dschungel zu führen. Seine Lebensgeschichte war so unglaublich, dass wir diese bald an anderer Stelle als eigenen Post vorstellen werden, weil sie hier den Rahmen sprengen würde. Zu seiner Geschichte geht’s hier.

Zurück nach Rurrenabaque

Viel zu schnell ging es wieder zurück nach Rurrenabaque. Wir hatten in den sechs Tagen so unglaublich viel erlebt, dass wir noch Wochen davon zehren würden. Unser Ben hat die ganze Zeit brav vor dem Büro von Mashaquipe auf uns gewartet. Wir durften noch eine Nacht dort stehen bleiben, unseren Wasservorrat auffüllen und dann ging es am nächsten Morgen voller Eindrücke, Erinnerung und Begeisterung weiter in Richtung La Paz.

Wie stellst du es dir vor, im Amazonas unterwegs zu sein? Würdest du das auch einmal erleben wollen oder wäre das alles so gar nichts für dich? Schreib uns doch in die Kommentare.

4 Gedanken zu „Unterwegs im Amazonas“

  1. Pingback: La Paz - eine atemberaubende Stadt - auf-achse-sein.de

  2. Pingback: Wenn Tourismus zum Naturschutz beiträgt - auf-achse-sein.de

  3. Esta super el reportaje, solo cambiar el nombre de picota por CEPO que es el castigo tradicional
    CAIMAN 5 MERTOS DE LARGO ,NO DE ALTO.

    1. Gracias por los consejos. En Alemania, también se dice “groß” de los animales para describir su longitud. Cambié el nombre de la picota.
      Saludos cortiales
      Christa

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