2020 ist das Jahr in dem alles anders ist. Covid-19 hat die Welt verändert. Aber beeinflusst es auch unsere Reisen? Natürlich!
Inhaltsverzeichnis
- Sommerurlaub trotz Corona?
- Frankreich – altbekannt und doch immer wieder neu
- Alte Bekannte und neue Ziele
Sommerurlaub trotz Corona?
Im Frühling überrollte Covid-19 die Welt und sorgte so für ordentlich Wirbel. Ganze Länder befanden sich im Ausnahmezustand, Menschen erkrankten schwer, andere woben die wildesten Verschwörungstheorien. Auch an uns ging das Thema nicht ganz spurlos vorbei und so stand im Sommer die Frage im Raum, ob wir nun in den Sommerferien trotzdem reisen sollten oder nicht.
Es gab viele Gründe, die gegen das Reisen sprachen. Aber auch einige dafür. Letztendlich entschieden wir uns, unseren Sommerurlaub trotzdem im Ausland zu machen. Schließlich kann man auch im Wohnmobil unter sich bleiben und in unserem Big Ben haben wir alles, was wir brauchen: ein funktionierendes Bad mit Toilette und Dusche , eine gute Küche und bequeme Betten. Einkaufen müssen wir sowieso – egal wo wir uns befinden. Warum also nicht die Freiheit nutzen und für ein paar Wochen in den „Zweitwohnsitz“ umziehen?
Aber wohin?
Frankreich – altbekannt und doch immer wieder neu
Eigentlich wollten wir den Sommer in Schweden verbringen. Doch die Corona-Fallzahlen stiegen und für Reisende wurde über Quarantänemaßnahmen nachgedacht. Auch gefiel es uns nicht, dass wir so weit dort hin fahren mussten. Wir wollten im Falle einer neuen Welle flexibel und schnell wieder zuhause sein – mit möglichst wenigen Grenzübertritten. Also fiel die Entscheidung schnell auf Frankreich. Genauer gesagt wollten wir wieder in die Gegend von Briançon. Dort kennen wir uns schon ein wenig aus und wir wissen, dass für gewöhnlich nicht so übertrieben viel los ist. Auch das Freistehen ist dort gut möglich, hält man sich an die ungeschriebenen Regeln (keinen Müll hinterlassen, nicht direkt neben Campingplätzen stehen, etc.). Und wo hat man weniger Kontakt zu anderen Menschen, als wenn man ganz alleine in der Natur unterwegs ist?
Mit voll gepacktem Kofferraum geht es in den Urlaub.
Alte Bekannte und neue Ziele
Unser Weg nach Briançon führte diesmal nicht primär über die Autobahn. Da wir mit Big Ben ohnehin etwas langsamer unterwegs sind und die Landschaft unterwegs ja auch schön ist, beschlossen wir, einen großen Teil über die Landstraßen zurückzulegen. Das wiederum ging unerwartet gut und wir kamen doch recht schnell voran. Nach eineinhalb Fahrtagen mit Zwischenstopp in Belfort kamen wir auf dem Col du Lautaret an, wo wir eine Nacht verbrachten und uns nun schlussendlich im Urlaubsmodus befanden.
Nach einer guten Nacht in der erfrischenden Höhe des Bergpasses kontaktierten wir unsere Freunde, die wir vor einigen Jahren in dieser Gegend kennenlernten und die nun auch wieder hier unterwegs waren. Sie befanden sich auf dem Campingplatz Camping De L’Izoard im Naturpark Queyras. Da wir diese Ecke noch nicht erkundet hatten, beschlossen wir kurzerhand, dort ebenfalls auf dem Campingplatz einzuchecken und erstmal so richtig im Urlaub anzukommen.
Naturpark Queyras – Wandern, klettern, biken und die Seele baumeln lassen
Die Gebirgsstraße schlängelt sich Meter um Meter in die Höhe. Rechts von uns ist massiver Fels, links von der Straße fällt das Gelände steil herab. Ja, mit einem LKW unterwegs zu sein kann durchaus Nervenkitzel bedeuten. Aber im Großen und Ganzen kamen wir gut durch und auch die vielen Rennradfahrer haben wir problemlos überholen können.
Der Campingplatz in der Nähe des Dorfes Arvieux war nicht mal annähernd voll. Gefühlt gab es mehr freie Plätze als belegte und die kleinen Waschhäuser hatten keine Probleme, die Gäste unter Einhaltung der Abstandsregeln aufzunehmen. Schnell fühlten wir uns auf dem naturnahen Platz zuhause und schon am Nachmittag nach unserer Ankunft unternahmen wir gemeinsam mit unseren Freunden die erste Wanderung zum Col du Cros inmitten einer wunderbaren und einladenden Natur – und mit ziemlich leeren Wanderwegen.
Schmetterlinge gibt es hier überall zuhauf. Niedliche Wegbegleiter, die hier aber doch mehr oder weniger penetrant werden können. Auf unserer Wanderung hatten wir die herrliche Berglandschaft nahezu für uns allein. Auch wenn die Kinder über den Anstieg weniger erfreut waren und etwas zurückgefallen sind, haben sie letztendlich doch mitgezogen und Gefallen an der Bergwelt gefunden. Der Hund unserer Freunde war natürlich auch mit dabei. Ein Päuschen muss auch mal sein. An solchen Ausblicken können wir uns einfach nicht satt sehen. Irgendwo dort unten wartet Big Ben auf unsere Rückkehr. Zwischendrin auch mal nach dem richtigen Weg schauen. Wunderschöne Bergseen. Übrigens: Wanderschuhe können nach einigen Jahren auseinanderfallen. Bei Claudias Wanderschuhen löste sich die komplette Sohle beim Wandern.
Schnell war uns klar, dass diese Wanderung nach mehr schreit und auch die nächsten Tage verbrachten wir in dieser zauberhaften Umgebung. Die Natur war atemberaubend und das Wetter optimal. Die Kletterfelsen waren nicht ganz das, was wir uns gewünscht hatten, aber dafür entschädigten uns die Wanderungen und die tolle Aussicht. Nach zwei Tagen verabschiedeten wir unsere Freunde, die ihrerseits weiterzogen. Wir blieben noch ein paar Tage länger auf dem tollen Campingplatz, der sich idyllisch in die Natur einfügt.
Was wäre Camping ohne Grillen und Lagerfeuer? Wir sind übrigens auch für die Zombieapokalypse gerüstet. Der Campingplatz war relativ leer, die Aussicht super und das Wetter genial. Besser geht es eigentlich nicht. An einem unserer Pausetage haben wir einen leichten Klettersteig gemacht. Er ähnelte eher einer großen Leiter, aber dafür konnte er von den Kindern leicht gemeistert werden. Das abendliche Lagerfeuer ist immer Highlight. Auch Marshmallows grillen muss hin und wieder mal sein. 1 Millionen Sterne Übernachtungsplatz. Das Basecamp unterhalb des Klettergebietes. Hier blieb Tim zum Spielen bei unseren Sachen, während wir die ersten Kletterrouten ausprobierten. Schmetterlinge können tatsächlich ziemlich aufdringlich sein. Mittagessen im Klettergebiet. Wenn es mal schnell gehen muss, tut es auch zur Ausnahme mal Fertigessen aus der Dose. Das lässt sich zumindest einfach in wenigen Minuten zubereiten. Am Campingplatz selbst ist auch ein kleiner Bergsee. Dieser ist, wie die meisten Seen hier, arschkalt. Der gemütliche Campingplatz wird liebevoll geführt und bietet neben gemütlichen Aufenthaltszelten mit Kamin auch einen Boule-Platz, ein nordisches heißes Bad, Frühstückservice und jede Menge Ursprünglichkeit. Nur noch 9.545 Kilometer und schon sind wir in San Franzisco. Juhu, es gibt Crêpes. Ronja bereitet schon mal den Teig vor. Lecker. Abendliche Gewitter gehören in den Alpen einfach mit dazu. An solchen Tagen sind Gesellschaftsspiele ein guter Zeitvertreib.
Auch machten Eric und Christa eine Biketour hoch zum Col d’Izoard. Dieser Bergpass ist vor allem bei vielen Rennradfahrern ziemlich bekannt und war mehrmals Teil der Tour de France. Unter der Bergsonne war das Erklimmen des Passes mit den Mountainbikes zwar doch recht anstrengend, aber die Aussicht entschädigte die Schwitzerei und die auf der Straße verewigten Anfeuerungsparolen für die Radfahrer ergaben eine nette Abwechslung beim Strampeln. Auch unsere Abfahrt war recht spaßig, wenn auch nicht auf allen Passagen fahrbar für uns. Das Wort „Radwanderung“ sollte in diesem Urlaub nicht das letzte Mal gefallen sein.
Unsere Biketour zum Col d’Izoard war zwar fahrtechnisch wenig Abwechslungsreich, doch die tolle Aussicht war wenigstens unser steter Begleiter. Fast geschafft. Nur noch ungefähr 140 Höhenmeter und schon sind wir oben. Am Col d’Izoard treffen viele Radfahrer zusammen, die von beiden Seiten des Bergpasses kamen. Hinweisschilder erklären die Umgebung. Vor der Abfahrt erst mal Pause machen. Kurz die Füße hochlegen und die Aussicht genießen. Jetzt folgt der spaßige Teil: die Abfahrt. Und die sollte nicht nur die asphaltierte Passstraße runter führen. Eric ist schon wieder Abfahrtbereit. Man kann nicht behaupten, dass wir genau wussten, wo wir genau lang mussten. Aber das ist ja im Urlaub auch eher zweitrangig, oder? Die Aussicht gab einen Blick auf das Ziel frei. Irgendwo dort unten ins Tal musste unser Campingplatz liegen. In teilweise steilen Serpentinen führte uns der Weg wieder zurück ins Tal.
Weiterfahrt nach Prelles
Nach ein paar Tagen wandern, klettern und biken ging es für uns zwei Tage nach Prelles auf den Campingplatz. Hier waren wir schon öfter zu Besuch. Es überraschte uns, wie leer dieser sonst doch recht gut gefüllte Platz diesmal war. Corona lässt grüßen und auch wenn wir uns über die freie Platzwahl freuten, wissen wir, dass die Betreiber mit fehlenden Einnahmen und höheren Ausgaben für Reinigung etc. zu kämpfen haben.
Endlich waren wir also wieder hier und konnten in das für uns schönste Klettergebiet in Europa zum Klettern gehen. Wie kleine Kinder freuten wir uns auf tolle Routen in bestem Fels und perfekter Absicherung.
An den Pausetagen vom Klettern waren Eric und Christa mit den Bikes unterwegs und erkundeten die Umgebung dort, wo wir mit dem LKW nicht hinkamen.
Wir verbrachten einige Tage in dieser Gegend, aber nicht ausschließlich auf dem Campingplatz. Wir nutzten unsere Autarkie und machten uns zwischendurch auch mal woanders breit und genossen die Ruhe.
Leider mussten wir, nachdem wir eiskaltes Flusswasser gefiltert und getankt hatten, feststellen, dass unser Boiler nicht funktionieren wollte. Und so wurde die abendliche Dusche ungewöhnlich frisch. Glücklicherweise fanden wir aber bald das Problem, was sich letztendlich als Masseproblem herausstellte.
So stehen wir am liebsten. Und so ist auch das Risiko, sich mit Covid-19 zu infizieren, ziemlich gering 🙂 Im Département Hautes-Alpes in Frankreich kann man an vielen Stellen sehr gut frei stehen – vorausgesetzt, man hat alles an Board, was man dazu braucht. Nichts als die eigenen Spuren zurückzulassen ist dabei selbstredend. Unser Wassertank ist mal wieder leer und wir müssen ihn auffüllen. Dazu nutzen wir auch gerne mal Flusswasser und unseren Filter. Eine Tauchpumpe pumpt das Wasser aus der Durance in einen Zwischenbehälter, weil der Höhenunterschied sonst zu hoch ist und unsere Ansaugpumpe am Filter das nicht schafft. Vom Behälter aus geht das kühle Nass durch den Filter hinein ins Wohnmobil. Sieht komplizierter aus, als es ist. Was wir zu diesem Zeitpunkt nicht wussten: unser Boiler hat an diesem Tag nicht funktionieren wollen und wir mussten mit dem kalten Wasser aus der Durance duschen. Auch wenn Ferien sind, muss hin und wieder mal ein Schulheft auf den Tisch. Das schöne an diesem Freistehplatz: es gibt sogar Tisch und Bänke draußen und wir müssen nichts aus dem Mobil und können trotzdem draußen sitzen. Wasser füllen, lernen, kochen, essen – das alles wird natürlich auch an unseren Freistehplätzen gemacht.
Raftingtour mit Rafiki Rafting
Schon seit Jahren wollten wir mal eine Raftingtour machen, doch bisher klappte es nicht. Jetzt war aber Tim alt genug, konnte gut schwimmen und es war auch wirklich warm tagsüber, also meldeten wir uns an.
Nachdem wir unsere Neoprenanzüge bekommen hatten, ging es los. Zuerst fuhren wir ins Startgebiet und bekamen eine Einweisung von unserem Tourbegleiter. Die Tatsache, dass er sehr gutes Englisch sprach, vereinfachte die Verständigung und der Tag war eine wirklich gute Abwechslung. Neben dem eigentlichen Raftingspaß auf der Durance gab es einen Zwischenstopp mit Lagerfeuer und Proviant sowie einige tolle kleine Spielchen auf und am Boot zwischendurch. Weil die Durance hier nicht besonders wild ist, aber doch eine gewisse Strömung und Untiefen hatte, war es die perfekte Familienbeschäftigung für Groß und Klein.
Drei Stunden später kamen wir nass aber glücklich wieder an der Zielstation an.
Dieses Jahr schafften wir es auch endlich, eine Raftingtour zu machen. Erste Schwierigkeit: in das Boot kommen. Alle drin? Dann kann es losgehen. Eine Flussfahrt, die ist lustig, eine Flussfahrt, die ist schön. Die familientaugliche Raftingtour hatte alles: Stomschnellen, Felsen, aber auch ruhige Flussabschnitte zum Verschnaufen. Die Durance ist kalt, mit Neoprenanzug aber genau richtig, um sich an einem warmen Sommertag bei einer kurzen Raftpause abzukühlen. Zwischenspiel: Wer traut sich, sich in die Strömung des Flusses zu stürzen und von ihr tragen zu lassen? An einigen Stellen ist die Durance recht breit und dadurch ruhig. Genau richtig, um ein paar Gleichgewichtsübungen im Raft durchzuführen. Nach den Geschicklichkeitsübungen auf dem Boot wird es Zeit für eine größere Pause. Lagerfeuer, Marshmallows, Kekse, Tee und Kaffee sorgen dafür, dass wir nach dem kalten Wasser wieder warm werden. Es war ein toller Nachmittag am und im Wasser.
Abwechslung muss sein – Bikepark Serre Chevalier Valée
Nachdem wir in Prelles eine Weile klettern, biken und raften waren, packten wir wieder unsere 7 Sachen und fuhren weiter . Diesmal besuchten wir den Bikepark Serre Chevalier Valée und buchten uns auf einem kleinen Stellplatz in La Salle-Les-Alpes ein. Der Stellplatz bietet Stromanschlüsse und eine Entsorgungsmöglichkeit für die Toilette sowie einen Wasseranschluss. Mehr braucht es nicht. Am Morgen nach der Ankunft hatten wir die Bikes vom Träger heruntergeholt und Eric, Christa und Tim machten den Bikepark unsicher.
Der Bikepark war wegen des fehlenden Regens eine ziemlich staubige Angelegenheit, bot aber trotzdem eine Menge Spaß und auch Tim konnte ziemlich gut dort fahren.
Claudia, die sich irgendwie den Magen verdorben hatte, blieb am Stellplatz und Ronja hütete unsere Patientin.
Im Winter Skigebiet, im Sommer Bikepark. Vom Lift aus sehen wir unzählige Murmeltiere, während wir und unsere Fahrräder den Berg hochgefahren werden. Im Bikepark Serre Chevalier Valée gibt es sowohl einfache als auch anspruchsvolle Trails. So können alle ganz unabhängig von ihrem Können Spaß haben. In La Salle-les-Alpes, dem Ort beim Bikepark, gibt es übrigens die beste Bäckerei im ganzen Département Hautes-Alpes. Man sieht nicht nur, dass hier noch traditionell und mit viel Liebe zum Detail im Holzofen gebacken wird, man schmeckt es auch.
Freissinières – Natur von ihrer schönsten Seite
Den nächsten Stopp hatten wir uns schon von zuhause ausgeguckt. Der Campingplatz Camping Les Allouviers in Freissinières ist idealer Ausgangspunkt für verschiedene Outdooraktivitäten und bietet ebenfalls recht viel Platz. Auch hier war noch viel Luft für weitere Gäste, was wir ebenfalls wieder Corona in die Schuhe schoben.
Wir entspannten bei wunderschönen kleinen Spaziergängen und Wanderungen, machten Radtouren und gingen in zwei nahegelegenen Klettergebieten klettern. Wenn die Temperaturen mittags nach oben kletterten, kühlten wir uns in dem kleinen See am Campingplatz ab. Abkühlen ist dabei beschönigt, denn das Wasser glich mehr einem Kneippbecken – kristallklar und arschkalt. Per Rad kundschaften wir vorab schon mal den Weg zum Ende des Tals aus, um zu sehen, wie wir unsere kommende Zweitageswanderung planen können.
Wir erkunden die Gegend bei einer kleinen Wanderung zum Klettergebiet. Der kleine See am Campingplatz sieht so schön aus. Aber das Wasser des Sees ist echt kalt. Wer einmal im Wasser ist, bleibt meist nicht besonders lange drin. Respekt jedem, der überhaupt komplett ins Wasser steigt. Bei einer Radtour erkunden wir die Gegend. Je höher wir am Fluss Biaysse fahren, desto ungestümer wird er. Wir sind machen uns an Infotafeln über unsere geplante Wanderung schlau. Praktischerweise gibt es am Parkplatz am Ende der Talstraße einen kleinen Imbiss.
Wanderung zu den Seen Lac Faravel und Lac Palluel – Tag 1
Wir hatten uns im Vorfeld des Urlaubs neue Schlafsäcke, Isomatten* und Zelte* für Mehrtageswanderungen gekauft. Diese wollten wir natürlich auch probieren. Deshalb starteten wir morgens mit gepackten Rucksäcken zu unserer Zweitageswanderung. Big Ben ließen wir am Campingplatz zurück. Die Besitzer waren so freundlich, und boten uns an, das Mobil vor der Rezeption zu parken, damit sie ein Auge darauf werfen können, während wir durch die Berglandschaft wanderten.
Die ersten Kilometer ging es hoch zum Parkplatz, den wir vorab per Rad ausgekundschaftet hatten. Bis dorthin war es eine moderate Wanderung entlang des Flusses Biaysse, ohne große Anstiege und in toller Natur. Wilde Himbeeren und Erdbeeren am Wegesrand erfreuten die Kinder, die beim Wandern fleißig pflückten und aßen. Unser Mittagessen nahmen wir in einer kleinen Lichtung am Fluss ein, kühlten unsere Beine im Wasser und wanderten weiter.
Mit gepackten Rucksäcken geht es auf zu unserer Zweitageswanderung. Die Franzosen mal wieder. Infrastuktur für Wanderer und Camper haben sie auf jeden Fall drauf – hier zu sehen: eine Toilette mitten im Wald. Besser, als taschentuchverseuchte Wegesränder. Bemalte Steine am Wegesrand begleiten und die ersten paar Kilometer. Es wird schnell zum Spiel, den nächsten zu entdecken, bevor es die anderen tun. Ein wirklich schöner Rastplatz am Wanderweg. Sogar mit fließend Wasser. Erste Pause. Wasserfälle sehen wir bei unserer Wanderung so einige. Große, kleine, breite und ganz dünne. Zeit fürs Mittagessen. Eintopf und Brot. Nach dem Essen noch eine kleine Pause, dann geht es frisch gestärkt und ausgeruht weiter. Manchmal haben sie sich echt lieb. Diese Momente muss man genießen 🙂
Ab dem Parkplatz, der gleichzeitig das Ende der Straße durch das Tal und den Beginn des Naturparks markierte, wurde es dann steiler, aber die Natur auch ursprünglicher und wilder. Steile Berghänge, zerklüftete Felsen, Wasserfälle und schmale Wanderwege bestimmten das Bild. Die Rufe der Murmeltiere waren weit zu hören und die Entfernungen immer schwieriger abzuschätzen, so weit konnte man mittlerweile in die Bergwelt blicken. Plötzlich waren wir so klein…
Weil wir den ca. 16 Kilometer langen Rundwanderweg mit seinen fast 1.000 Höhenmeter zu den beiden Seen Lac Faravel und Lac Palluel, anders als die meisten anderen Besucher, erst am Nachmittag vom Parkplatz starteten, zu dem wir ja auch erst wandern mussten, wanderten wir die meiste Zeit allein. Hin und wieder kreuzten herabsteigende Wanderer unseren Weg. Je später der Nachmittag jedoch wurde, desto weniger andere Menschen sahen wir.
Wasserfall. Diesmal in groß und schön. Die ersten paar Höhenmeter sind schon geschafft und der Parkplatz wird immer kleiner. Ab jetzt geht es nonstop bergauf. Weltentdecker Langsam nähert sich die Sonne dem Horizont, der Parkpkatz ist nur noch ein Punkt unten im Tal, uns begegnen kaum noch Menschen. Der Abend zieht herauf. Menschen sind uns schon eine Weile nicht mehr begegnet und die Bäume werden rar. Die Sonne sinkt und es wird kühl. Zeit, einen Schlafplatz zu suchen.
Nach einem Zwischenstopp in Dormillouse, wo wir unsere Trinkblasen* auffüllten und uns mit leckerem Tiramisu die Mägen füllten, ging es immer weiter den Berg hinauf. Bald ließen wir die Bäume und den Wald hinter uns und mussten uns einen Platz für unser nächtliches Biwak suchen.
Wanderung zu den Seen Lac Faravel und Lac Palluel – Übernachtung und Tag 2
Es war gar nicht so einfach, einen Schlafplatz zu finden. Wir waren müde vom Wandern und es wurde langsam schweinekalt. Also entschieden wir irgendwann, einen Platz für unsere Zelte zu nehmen, obwohl dieser nicht gerade eben war. Zitternd vor Kälte bauten wir die beiden Zelte auf und nahmen unser Abendbrot zu uns. Dann, mit dem Verschwinden der letzten Sonnenstrahlen, verschwanden auch wir in unseren Schlafsäcken.
Glücklicherweise hatten wir gut gewählt und trotz Temperaturen kurz über dem Gefrierpunkt auf ca. 2.000 Meter Höhe, mussten wir nicht frieren. Dafür rutschten wir aber ständig auf unseren Isomatten bergab, was im Großen und Ganzen doch eine recht unruhige Nacht bedeutete.
Am nächsten Morgen standen wir mit den ersten wärmenden Sonnenstrahlen auf. Die Sonne wärmte alles schön auf und so konnten die Zelte und Schlafsäcke wunderbar trocknen, während wir frühstückten.
Nicht perfekt, aber besser als nichts – unser wenig ebener Schlafplatz auf ca. 2.000 Metern über Null. Die letzten Zelthaken anbringen, dann schnell was essen. Es wird langsam schweinekalt und wir wollen in die warmen Schlafsäcke. Unglaublich, wie schnell die Sonne alles aufgewärmt hat. Zum Glück, denn so können wir frühstücken, ohne dass wir so frieren müssen, wie am Abend zuvor. Erst mal Kaffee kochen und Frühstück vorbereiten, bevor es weiter geht. Claudia und Tim suchen derweil ein paar Heidelbeeren für unser Porridge. Die Heidelbeerausbeute. Morgensonne, Kaffee, Berge… ein Traum. Weiter geht’s.
Frisch und munter wanderten wir dann in der Frühe bis zum Lac Faravel. Kaum ein Mensch war zu sehen und wir waren zumindest die meiste Zeit komplett alleine an dem wunderschönen See. Als wir zum Lac Palluel kamen, waren schon mehr Wanderer unterwegs und wir waren leider nicht mehr komplett alleine, trotzdem konnte von „voll“ niemals die Rede sein.
Wenn man die Außmaße dieser Landschaft versucht wahrzunehmen, fühlt man sich plötzlich ganz ganz klein auf dieser Welt. Wir nähern uns dem Lac Faravel. Nur noch wenige Meter und wir sind da. Geschafft. Da ist er, der Lac Faravel. Wir haben den Lac Faravel ganz für uns alleine. Ein toller Ort zum Seele baumeln lassen. Die Artenvielfalt hier oben ist trotz der widrigen Bedingungen großartig und vielfältig. Jetzt lassen wir den Lac Faravel hinter uns und es geht weiter zum Lac Palluel. Uns kommen die ersten Wanderer entgegen. Ein riesiges Steinmännchenfeld. Am Lac Palluel machen wir nochmal Pause. Leider sind wir nicht mehr alleine hier.
Danach ging es wieder abwärts ins Tal. All die Höhenmeter, die wir zuvor hinter uns gebracht hatten, mussten nun wieder abgestiegen werden. Das geht ganz schön auf die Gelenke und die Knie – vor allem mit vollgepackten Wanderrucksäcken. Nichts desto trotz machten wir Meter um Meter, erreichten wieder die Baumgrenze und schließlich den Parkplatz. Von hier wurde die Wanderung wieder leicht und am Abend kamen wir zurück auf den Campingplatz, wo unser Big Ben und eine Dusche schon sehnsüchtig auf uns warteten. Knapp 40 Kilometer und 1.700 Höhenmeter hatten wir in den beiden Tagen zurückgelegt und atemberaubende Ausblicke und absolute Ruhe genossen. Das schreit auf jeden Fall nach einer Wiederholung irgendwann.
Lac de Serre-Ponçon
Die Wanderung war trotz ihrer Schönheit ziemlich anstrengend gewesen. Deshalb war es Zeit für etwas Entspannung und um etwas neues zu sehen. Auf Empfehlung unserer Freunde, die vor kurzem dort waren, fuhren wir in Richtung Embrun.
Bei Embrun erstreckt sich ein riesiger Stausee – der Lac de Serre-Ponçon. Der mehr als 20 Kilometer lange und maximal 120 m tiefe Stausee fasst etwa 1,2 Milliarden Kubikmeter Wasser. So ist er nicht nur ein riesiger Süßwasserspeicher, sondern schützt das folgende Tal auch vor Überschwemmungen, die vor der Zeit des Stausees durch die Durance öfter mal verursacht wurden. Hauptsächlich dient er jedoch zur Stromerzeugung. Die dort in den unterirdischen E-Werken erzeugte Energie entspricht zu 100% dem Energiebedarf des Départements Hautes-Alpes.
Davon aber mal abgesehen ist es auch einfach ein tolles Erholungsgebiet, dass von vielen als Wassersportgebiet genutzt wird. Am Rande des Sees suchen wir einen gemütlichen Freistehplatz. Dieser ist gut besucht und wir stehen nicht komplett alleine und doch ist jeder für sich. So ein bisschen erinnerte die kleine Landzunge an ein Hippiecamp: barbusige Frauen liefen herum und schwammen im See, langhaarige junge Menschen chillten am Strand oder liefen Slackline, Musik erklang von hier und da und alles war harmonisch und zufrieden, hier im kleinen Paradies – wäre da nicht das Feuer…
Am Abend, gerade als wir das Abendessen präparieren wollten, sahen wir plötzlich eine dicke Rauchsäule von der anderen Seite der Bucht aufsteigen. Gar nicht weit weg von uns. Schnell holten die Slacklinebesitzer ihre Leinen rüber, die über die schmale Bucht auf die eben entzündete Seite gespannt waren. Rote Flammen ließen sich zwischen den grünen Zweigen der Bäume ausmachen. Ob da wohl ein Lagerfeuer außer Kontrolle geraten war? Die Feuerwehr wurde verständigt. Boote blieben in sicherer Entfernung stehen – alle schauten gebannt auf das grausame Schauspiel. Ob wir wohl das Feld hier räumen mussten? Sicherheitshalber packten wir unsere Sachen schon mal abfahrtbereit ein. Man weiß ja nie. Doch bald hörten wir die rettenden Sirenen. Die Feuerwehr rückte an und konnte nach einiger Zeit das Feuer bezwingen. Die Ruhe kehrte wieder zurück. Keiner wusste, warum das Feuer ausgebrochen war, aber an diesem Abend sah man kein einziges Lagerfeuer.
Ein Feuer ist auf der benachbarten Landzunge ausgebrochen. Rote Flammen wühlen sich durch das Grün. Glücklicherweise konnte die Feuerwehr aber den Brand löschen. So mussten wir unseren Standplatz für die Nacht nicht verlassen. Gute Nacht. Wir sind nicht die einzigen, die hier auf dieser Landzunge übernachten. Manche haben sogar ein Zelt aufgeschlagen. Hier in dieser Gegend ist das geduldet. Was uns aber sofort auffällt: es liegt hier trotz der vielen Freicamper kein Krümel Müll herum. Jeder nimmt wieder mit, was er hergebracht hat.
Langsam zurück
Am nächsten Tag, nachdem wir uns den Vormittag ausgiebig mit Ausruhen und Schwimmen beschäftigt hatten , fuhren wir weiter. Es ging, weil es einfach so unglaublich schön ist, noch ein Mal klettern in Prelles.
Auch den Bikepark in La Salle-Les-Alpes besuchten wir nochmal. Diesmal war es aber noch staubiger und somit auch noch rutschiger, was langsam weniger Spaß machte. Deshalb entschieden wir uns, eine längere ausgeschilderte Rundtour zu fahren in der Hoffnung, dass die Wege hier nicht so abgefahren und weniger staubig waren. Und tatsächlich, die Wege waren traumhaft schön und der Grip wieder da. Unglaublich, dass wir mehr als drei Stunden lang völlig alleine unterwegs waren mit den Bikes. Kein Wanderer, kein anderer Biker in Sicht. Nur die Berge, der blaue Himmel und wir. Gegen Ende der Tour ging es über einen anderen Trail wieder hinunter ins Tal und über die Landstraße zurück nach La Salle-Les-Alpes und zum Stellplatz.
Weil wir uns noch nicht so ganz losreißen konnten, gingen wir noch ein letztes Mal in Prelles klettern, dann mussten wir langsam aber wirklich die Heimreise antreten. Und so fuhren wir mit Zwischenstopp am Lac de Paladru und Belfort wieder zurück nach Hause.
Big Ben versteckt sich auf dem Parkplatz in Prelles. Wir bleiben hier über Nacht, um morgen klettern zu gehen. Und wieder kündigt sich Regen am Abend an. Nach jedem Regen folgt Sonnenschein.. wir können auf jeden Fall am nächsten Tag wieder klettern gehen. Die letzten Klettertouren bevor es wieder nach Hause geht. In Belfort kann man an der Mauer des Forts klettern. Wir verzichten darauf, waren wir doch gerade erst im schönsten Klettergebiet Europas. Belfort ist an sich eine schöne Stadt und es lohnt sich, die Übernachtung auf dem Heimweg hierhin zu legen. Beim Abendspaziergang haben wir uns die Zitadelle von Belfort mal angeschaut. Der Löwe ist das Wahrzeichen der Stadt Belfort. Der letzte Abend unseres Urlaubs bricht an und schon am nächsten Tag sind wir wieder zuhause.
Vier Wochen sind wir so dem Alltag entflohen und bereuen keine Sekunde, es getan zu haben. Trotz Corona-Pandemie, hin und wieder ein kleines oder größeres Gewitter, hatten wir die Seele baumeln lassen können und dank geringer Touristenzahlen und der Möglichkeit im Wohnmobil doch immer für uns zu bleiben, auch kein höheres Risiko eingehen müssen, als zuhause eben auch.